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Anpassung gerichtsorganisatorischer Regelungen

Geprüfter Gesetzentwurf: Gesetz zur Änderung des Thüringer Gerichtsstandortgesetzes und zur Anpassung gerichtsorganisatorischer Regelungen sowie weiterer Zuständigkeitsbestimmungen (Stand: 08.04.2025)

Verantwortliches Ressort:
Justiz, Migration und Verbraucherschutz
Veröffentlichung vom:
29.07.2025
Betroffene Lebensbereiche:
Bildung/Erziehung/Arbeit
Art der Betroffenheit:
junge Menschen als Normadressatinnen und –adressaten
Betroffene Gruppen junger Menschen:
Altersgruppe 18-27, alle Geschlechter, alle Lebensmittelpunkte, mit und ohne Beeinträchtigung, Berufstätige

Ziel des Gesetzentwurfs

Mit dem Gesetz zur Änderung des Thüringer Gerichtsstandortgesetzes und zur Anpassung gerichtsorganisatorischer Regelungen sowie weiterer Zuständigkeitsbestimmungen soll u.a. die Regelung zur Amtstracht im Thüringer Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes (ThürAGGVG) erweitert werden, um auch Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern die Möglichkeit einzuräumen, bei Ausübung bestimmter Tätigkeiten eine Amtstracht tragen zu dürfen.

Zentrale Auswirkungen

Folgende zentrale Auswirkungen wurden identifiziert:

  • Die geplante Einführung der Möglichkeit für Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger bei der Ausübung bestimmter Tätigkeiten eine Robe zu tragen (§ 4 Abs. 5 S. 1 ThürAGGVG), kann junge Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger dabei unterstützen, ihr Amt mit mehr Selbstsicherheit auszuüben. Insbesondere junge Berufsanfängerinnen und -anfänger können sich von konfliktbehafteten Situationen in ihrem Berufsalltag unter Druck gesetzt fühlen, da sie z.B. noch über wenig Erfahrung im Umgang mit Störungen innerhalb von ihnen geleiteter Sitzungen verfügen. Das Tragen einer Robe könnte dazu beitragen, ihre Verunsicherung zu mildern, da sie sich ihrer Stellung als Vertreterinnen und Vertreter der Justiz sowie der hervorgehobenen Rolle, die ihnen hierdurch zum Beispiel in Verhandlungen zugewiesen wird, stärker bewusst sind. Dies könnte die Sicherheit in ihrem Auftreten stärken.
  • Das Tragen einer Amtstracht kann außerdem dazu beitragen, dass junge Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger von anderen Personen stärker in ihrer Funktion wahrgenommen werden und weniger auf bestimmte individuelle Eigenschaften, wie zum Beispiel ihr Alter, reduziert und deswegen angegriffen oder nicht respektiert werden. So kann eine Robe sich positiv auf ihre Arbeitsbedingungen auswirken. Denn sie kann dazu beitragen, dass insbesondere junge Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger auch in konfliktbehafteten Situationen stärker respektiert und seltener missachtet oder persönlich angegriffen werden.

Betroffene Gruppen junger Menschen

Normadressatinnen und -adressaten sind in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe junge Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger. Insgesamt gab es im Jahr 2024 in Thüringen 466 Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger.1 Zudem gab es 2024 in Thüringen 89 Rechtspflegeanwärterinnen und Rechtspflegeanwärter, die nach erfolgreichem Abschluss ihrer Ausbildung nach und nach sämtlich übernommen werden sollten.2 So werden in Thüringen jedes Jahr circa 15-20 Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger eingestellt.3 In den nächsten Jahren könnte sich diese Zahl aufgrund zunehmender Altersabgänge und einem dementsprechend wachsenden Bedarf an Nachwuchs eventuell erhöhen.4

Betroffene Lebensbereiche

Bildung/Erziehung/Arbeit

Auswirkungen auf junge Menschen

Steigerung der Selbstsicherheit junger Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger

4 Abs. 5 S. 1 ThürAGGVG

Mit dem Gesetzentwurf soll Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern in Thüringen das Recht eingeräumt werden, eine Amtstracht tragen zu dürfen, vgl. § 4 Abs. 5 S. 1 ThürAGGVG. Dies soll insbesondere bei Verhandlungen, der Verkündung von Entscheidungen und bestimmten anderen Handlungen möglich sein, vgl.§ 4 Abs. 5 S. 1 ThürAGGVG.

Die Möglichkeit für Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger, bei der Ausführung bestimmter Tätigkeiten eine Amtstracht zu tragen, kann dazu beitragen, dass insbesondere junge Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger ihr Amt selbstsicherer ausüben könnten. Nach der aktuellen Regelung ist das Tragen einer Amtstracht zum Beispiel für Richterinnen und Richter vorgesehen.5 Zukünftig dürften auch Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger, bei bestimmten Tätigkeiten in ihrem beruflichen Alltag eine Robe tragen, etwa wenn sie eine Verhandlung leiten. Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger können in ihrem Berufsalltag mit konfliktbehafteten Situationen konfrontiert sein, die insbesondere junge Berufsanfängerinnen und -anfänger unter Druck setzen können. Zum Beispiel können im Rahmen von Versteigerungsterminen Störungen auftreten, welche durch die zuständige Rechtspflegerin bzw. den zuständigen Rechtspfleger zu unterbinden sind.6 Dies kann insbesondere für junge Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger, die noch über wenig berufliche Erfahrung in solchen Situationen verfügen, eine Verunsicherung bedeuten. Zusätzlich befinden sie sich zu Berufsanfang in einer Phase, die von Veränderungen und neuen, unbekannten Situationen geprägt ist. Manche jungen Menschen reagieren darauf mit einer vergrößerten Unsicherheit, weshalb diese Lebensphase eine psychische Belastung für sie darstellen kann.7 Damit Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger ihre Tätigkeit erfolgreich ausüben können, ist es wichtig, dass sie auch in solchen konfliktbehafteten Situationen selbstsicher auftreten und souverän mit ihnen umgehen. Das Tragen von Roben könnte junge Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger dabei auf zwei Arten unterstützen: Zum einen kann eine Amtstracht dazu beitragen, ihre Verunsicherung zu mildern, da sie sich ihrer Stellung als Vertreterinnen und Vertreter der Justiz sowie der ihnen hierdurch beispielsweise in Verhandlungen zugewiesenen hervorgehobenen Rolle selbst stärker bewusst sind.8 Dies könnte die Sicherheit in ihrem Auftreten stärken9. Zum zweiten kann das Tragen einer Amtstracht dazu beitragen, dass junge Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger von anderen Personen stärker in ihrer Funktion wahrgenommen werden10 und weniger auf bestimmte individuelle Eigenschaften, wie zum Beispiel ihr Alter, reduziert werden11. So werden junge Menschen in beruflichen Zusammenhängen öfter aufgrund ihres Alters unterschätzt und nicht ernst genommen, als ältere Kolleginnen und Kollegen.12 Das Tragen einer Robe kann dazu beitragen, dass insbesondere junge Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger auch in konfliktbehafteten Situationen stärker respektiert und seltener missachtet oder persönlich angegriffen werden und von ihnen geleitete Sitzungen seltener gestört werden.13

  1. Vgl. dpa Thüringen, „Bedarf gut gedeckt, aber wenig Spielraum bei der Rechtspflege“, Zeit Online, 11. April 2024, https://www.zeit.de/news/2024-04/11/ministerium-thueringen-in-rechtspflege-gut-aufgestellt (zuletzt aufgerufen am: 16.05.2024).
  2. Vgl. dpa Thüringen.
  3. Vgl. Thüringer Oberlandesgericht, „Ausbildung FAQ“, o. J., https://gerichte.thueringen.de/ausbildung/faq (zuletzt aufgerufen am 16.05.2025).
  4. Vgl. Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, „Rechtspflegebericht nach § 15a ThürRiStAG für den Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis 31. Dezember 2022“ (Erfurt, 2023), 51f.
  5. Vgl. § 4 Abs. 1 ThürAGGVG
  6. Vgl. Bund Sächsischer Rechtspfleger, Bezirksverein Leipzig e. V., „Abschlussbericht: Modellversuch zum Tragen von Roben durch Rechtspfleger beim Amtsgericht Leipzig“ (Leipzig, 2018), 16ff.
  7. Vgl. Élisabeth Cadoche und Anne de Montarlot, „Die Selbstzweifel überwinden“, Spektrum.de, 10. Dezember 2021, https://www.spektrum.de/news/impostor-syndrom-die-selbstzweifel-ueberwinden/1958821 (zuletzt aufgerufen am 16.05.2025).
  8. Vgl. LTO-Redaktion, „Roben für Rechtspfleger“, Legal Tribune Online, 30. Januar 2025, https://www.lto.de/recht/justiz/j/hamburg-rheinland-pfalz-roben-fuer-rechtspfleger (zuletzt aufgerufen am 16.05.2025).
  9. Vgl. Carmen Oster, „Uniformen. Warum sie in der Arbeitswelt so wichtig sind“, Kleine Zeitung, 26. November 2019, https://www.kleinezeitung.at/lebensart/5576277/Interview_Uniformen_Warum-sie-in-der-Arbeitswelt-so-wichtig-sind (zuletzt aufgerufen am 16.05.2025).
  10. Vgl. Oster.
  11. Vgl. Elisabeth Hachspiel-Mikosch und Stefan Haas, Hrsg., Die zivile Uniform als symbolische Kommunikation, Bd. 24, Studien zur Geschichte des Alltags (München: Franz Steiner Verlag GmbH, 2006).
  12. Vgl. Antidiskriminierungsstelle des Bundes, „Diskriminierung im Bildungsbereich und im Arbeitsleben“ (Antidiskriminierungsstelle des Bundes, 2013), 243f., https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/BT_Bericht/gemeinsamer_bericht_zweiter_2013.pdf?__blob=publicationFile&v=7 (zuletzt aufgerufen am 21.05.2025); Vgl. Antidiskriminierungsstelle des Bundes, „Altersdiskriminierung. Erkennen, verstehen, begegnen. Kurzstudie und Handlungsempfehlungen“ (Berlin, 2025), 3, https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/Umfragen/20250324-Altersdiskriminierung-Kurzstudie.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (zuletzt aufgerufen am 21.05.2025).
  13. Vgl. Bund Sächsischer Rechtspfleger, Bezirksverein Leipzig e. V., „Abschlussbericht: Modellversuch zum Tragen von Roben durch Rechtspfleger beim Amtsgericht Leipzig“, 16f.